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Foto: © Pierre-Yves Beaudouin, wikimedia

Ausgabe: Herbst 2017

Seite 4

Was unterscheidet München und

Berlin von Paris oder London?

Der deutsche Immobilienmarkt erlebt eine Ausnahmekonjunktur. Forscher

und Fachleute fragen sich, wie lange diese Situation noch anhalten wird. Die

Meinungen reichen von „Die Party ist vorbei“, „mit Preisrückgängen bis zu

einem Drittel ist zu rechnen“, bis „die enorme Lücke“ zwischen Nachfrage und

Bautätigkeit „hält das Preisniveau relativ weit oben“. Die wirtschaftlichen Ak-

tivitäten verlagern sich weltweit zunehmend in die Städte, weil die Wissensge-

sellschaft vom Austausch lebt. Doch der Blick über den Tellerrand in andere

europäische Metropolen hilft nicht weiter, erläutert Harald Simons vom Berli-

ner Forschungs- und Beratungsinstitut empirica: „Berlin und auch München

werden niemals zum deutschen Paris oder London werden.“ Dort gebe es keine

Standortalternative zur jeweiligen Hauptstadt. In Deutschland sei das anders.

Daher würden sich die Preise in den deutschen Städten niemals so hochschau-

keln, wie es aus anderen Ländern bekannt ist.

Die Nachfrage nach Immobilien konzentriert sich in Deutschland nicht ausschließlich

auf die Hauptstadt, sondern verteilt sich auf viele weitere attraktive Standorte.

Luxusgut Autostellplatz

Wohnen in der Zukunftsregion

Deutschland geht es so gut wie lange nicht: Die Beschäftigung liegt auf

Rekordniveau, der Staat schreibt schwarze Zahlen und die Schulden sinken.

Doch der demografische Wandel wird für Verschiebungen sorgen. Wie viele

Menschen in einem Land leben, ist für die Zukunft genauso wichtig wie die

Alters- und Qualifikationsstruktur der Bevölkerung. Im Jahr 2035 werden in

Deutschland schätzungsweise 1,2 Millionen mehr Menschen leben als heute,

und 25,8 Prozent der Bevölkerung werden älter als 67 Jahre sein. Der Zuzug in

die Städte wird bis zu diesem Zeitpunkt anhalten und deutliche Auswirkungen

auf die Lebensqualität haben. Für die ländlichen Abwanderungsregionen wird

es dann schwerer werden, eine hochwertige Versorgung zu gewährleisten.

Bauen: Unbedingt, aber am richtigen Ort

Der Neubau von Wohnungen ist wegen der angespannten Situation dringend

geboten. Entscheidend ist aber, wo gebaut wird, denn die Versiegelung wirkt

sich negativ auf das Klima aus. Der schonende Umgang mit Grund und Boden

ist daher seit den 1990er-Jahren im Bau- und Planungsrecht verankert. Trotz-

dem werden immer noch 66 Hektar Land täglich durch Siedlungs- und Ver-

kehrsflächen neu beansprucht und 140 Hektar im Bestand versiegelt. 84 Pro-

zent der deutschen Gemeinden stellen derzeit neue Einfamilienhausgebiete zur

Verfügung, oft am Ortsrand bei gleichzeitig aussterbenden Ortskernen, meldet

die Bundesstiftung Baukultur. Dabei könnten die Deutschen weitere fünf Jah-

re bauen, ohne neue Flächen in Anspruch zu nehmen, wenn das Potenzial zur

Nachverdichtung von deutschlandweit 120.000 Hektar in der Innenentwick-

lung genutzt würde, erläutert Dr. Gotthard Meinel vom Leibniz-Institut.

Die aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirt-

schaft Köln bescheinigt der Bau- und Immobilien-

wirtschaft große Chancen. Nach heutigem Stand sei

von einer weiter steigenden Nachfrage nach Wohn-

raum auszugehen. Die Bautätigkeit liegt derzeit

deutlich unter dem Baubedarf, der auf bundesweit

385.200 Wohnungen jährlich bis zum Jahr 2020

geschätzt wird. In den Großstädten wird tatsächlich

nicht einmal die Hälfte des dortigen Bedarfs gebaut.

Der sehr hohe Bedarf wird bis 2020 zwar deutlich

zurückgehen, aber auf hohem Niveau bleiben. Zwi-

schen 2020 und 2035 wird er sich auf jährlich

283.000 Wohnungen verringern.

Gute Perspektiven für den

Neubau bis 2035

In Deutschland kommen auf je 1.000 Einwohner

548 Autos. Damit hat die Bundesrepublik einen

neuen Höchststand erreicht und schob sich im

europäischen Vergleich von Rang 8 auf Rang 6 vor.

Im Jahr 2010 lag die Pkw-Dichte noch bei 527 Pkw.

Fast zwei Drittel der Deutschen fahrenmit demAuto

zur Arbeit. Die Folge: Die Mietpreise für Garagen

und Stellplätze erreichen in den deutschen Groß-

städten laut

immowelt.de

stattliche Höhen. In Stutt-

gart werden pro Monat 93 Euro verlangt, in Mün-

chen 65 Euro. Die günstigsten Stellplätze gibt es in

Hannover, Dresden und Leipzig.

Mietpreise für Garagen und Stellplätze

Berlin

60 Euro

Bremen

50 Euro

Dresden

40 Euro

Düsseldorf

60 Euro

Essen

55 Euro

Frankfurt am Main 75 Euro

Hamburg

63 Euro

Hannover

40 Euro

Köln

51 Euro

Leipzig

40 Euro

München

65 Euro

Stuttgart

93 Euro

Quelle: Immowelt.de

2015

2016

2017

2018

2019

2020

450

400

350

300

250

200

150

100

50

0

Baubedarf in Deutschland

in Wohneinheiten / in Tausend

demografiebedingt Nachholbedarf

Ersatzbedarf durch Zuwanderung

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln