Persch Consult NEWS / Herbst 2019

Seite 3 Ausgabe: Herbst 2019 Berechnung der Vergleichsmiete ist nicht einfach Die Diskussionen um angemessene Mieten werden besonders in den Metropo- len und Universitätsstädten immer hitziger. Die ortsübliche Vergleichsmiete schafft Klarheit, doch sogar Experten tun sich manchmal schwer mit der Be- rechnung. In Gebieten, in denen die Mietpreisbremse gilt, knüpft die Neuver- tragsmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete an. Diese kann entweder mit dem örtlichen Mietspiegel, drei Vergleichswohnungen oder mit dem Gutachten eines Sachverständigen festgestellt werden. Laut Haus & Grund Deutschland konnten bei einem Praxistest in Bremen, Kiel und Kassel aber gar keine Gut- achter gefunden werden. In Berlin haben drei Experten ein Gutachten für dieselbe Wohnung erstellt. Dabei kam es zu Abweichungen von 26 Prozent. In Bonn gab es ebenfalls Abweichungen von bis zu 27 Prozent bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Wie sich die Mieten in Europa entwickeln Außer in der Schweiz gibt es nirgendwo in Europa prozentual so viele Mieter wie in Deutschland. Sie sind daher von den Verwerfungen des Immobilien- marktes übermäßig betroffen. Die wohnungspolitischen Maßnahmen sind je nach Land und spezieller Situation unterschiedlich. Die Stadt Wien setzt bereits seit rund 100 Jahren auf kostengünstige Gemeindewohnungen. Wegen der zuletzt sehr hohen Bautätigkeit fallen dort derzeit die Mieten für Wohnungen. Londons Mietmarkt ist das abschreckende Gegenstück zu Wien: Dort werden die höchsten Mieten der Welt gezahlt, und Mieter haben kaum Rechte. Spani- en hatte bis in die Achtzigerjahre das, was jetzt in Berlin beschlossen wurde: den Mietendeckel. Vermieter ließen dort in der Folge ihre Wohnungen lieber leer stehen, als Verluste zu machen, das Angebot schrumpfte. Viele Familien setzen in Spanien auf Immobilieneigentum, um unabhängiger zu sein. Die Wohneigentumsquote liegt dort heute bei über 80 Prozent. Gewerbeimmobilien im Superzyklus Großinvestoren setzen weiterhin auf Gewerbeim- mobilien. Auch im elften Jahr des Superzyklus ist ein Abschwung des Investmentmarktes nicht in Sicht. Diese Entwicklung wird sich wegen der auf- geschobenen Zinswende vermutlich weiter fortset- zen. Die Spitzenrenditen für Büros und Geschäfts- häuser in den Top-7-Städten liegen mit 3,1 Prozent weit über denen der zehnjährigen Bundesanleihe. Investoren klagen über einen Angebotsengpass. Büroimmobilien machen 45 Prozent des Gesamt- umsatzes aus. Auf dem zweiten Rang liegen mit 24 Prozent Handelsimmobilien, gefolgt von Logis- tik- und Industrieimmobilien mit zehn Prozent. Kein Kostenersatz für Instand- setzung ohne Beschluss Wohnungseigentümer haben im Vergleich zu Mie- tern mehr Rechte, mehr Freiheiten – aber auch einige Pflichten. Für das Gemeinschaftseigentum sind sie gemeinsam verantwortlich. Wer sich daran nicht hält, hat das Nachsehen. Das hat der Bundes- gerichtshof in einem aktuellen Urteil (BGH, 14.06.2019, Az. V ZR 254/17) noch einmal deutlich gemacht. In dem verhandelten Fall ersetzte ein Wohnungseigentümer auf eigene Rechnung die einfach verglasten Holzfenster aus dem Jahr 1972 durch Kunststofffenster mit Isolierglas und ver- langte anschließend Kostenersatz von der Gemein- schaft. Der BGH entschied: Dem Eigentümer steht kein Kostenersatz zu. Ihm ist grundsätzlich auch in drin- genden Fällen zumutbar, vor Durchführung erfor- derlicher Maßnahmen einen Beschluss der Woh- nungseigentümer herbeizuführen. Knapp fünf Prozent aller Wohnungen stehen leer Viele Großstädte erleben einen kontinuierlichen Zustrom neuer Einwohner, können den Wohnungs- bedarf kaum decken und denken sogar über „Entlastungsviertel“ nach. Gleichzeitig stehen rund 1,94 Millionen Wohnungen leer, Tendenz steigend. Besonders groß ist das Problem in Ostdeutschland: Dort sind 40 von 77 Kreisen von Leerstand betrof- fen. Die demografische Entwicklung und der starke Zuzug in die Städte haben Folgen. Dem kann nur mit einer nachhaltigen Siedlungspolitik begegnet werden, davon ist das IW-Institut überzeugt. Foto: Instagram FOTOGRAFIN | Pixabay Mehr Mietwohnungen werden zu Eigentumswohnungen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen wurden lange misstrauisch beäugt. Jetzt ist es an der Zeit umzudenken. Die Bundesregierung hat auf Anfrage am Beispiel Berlin dargestellt, dass die Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in den ver- gangenen Jahren zwar wieder gestiegen sind, Privatisierungen aber Ende der 1990er-Jahre und Anfang der 2000er-Jahre viel stärker verbreitet waren als heute. Der Mieterbund kritisiert den Missbrauch von Wohnungskündigungen wegen Eigenbedarfs. Haus & Grund betont dagegen, dass Eigentümer ein legi- times Recht haben, ihre vermietete Wohnung grundsätzlich eines Tages auch selbst nutzen zu können. Der Bundesgerichtshof hat diese Haltung mit zwei Urteilen (BGH, VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17) bestätigt. Der Rechtsstaat gebietet die Abwägung der Interessen von Mieter und Eigentümer immer auf den konkreten Fall bezogen. Private Vermieter sorgen wesentlich für ein hin- reichend großes Angebot an Mietwohnungen, die in vielen Fällen überdies einen wichtigen Anteil der privaten Altersvorsorge darstellen. Foto: Michael Gaida | Pixabay

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