Jenes volle satte Gelb

15 derin der Kommunistischen Partei, sondern nach dem Nach- folger Lennés als Hofgärtner, so wie Prinz Eitel Friedrich seine Metamorphose zur sozialistischen Frauenrechtlerin überlebt hatte und nun als Schinkelschüler vom Straßenschild herab grüsste. Das war alles sehr verwirrend, so verwirrend wie die Neubauten, die an die Stelle der schon damals baufälligen Katen aus der Zeit, als das Viertel noch im freien Feld vor dem Leip- ziger Tor lag, getreten waren. Immerhin, die schon wieder schä- bigen Gebäude, von deren bröckelnden Betonwänden der rotz- grüne Anstrich blätterte, hielten in Höhe und Fassadenanspruch die Nachbarschaft zu den alten Häusern mit ihren prunkenden Barockdekorationen und den geschwungenen schmiedeeisernen Balkons aus, auch wenn die klobigen Brüstungen und Fenster- umrahmungen die historische Lüge ihrer Herkunft verrieten. Aber man musste nur schräg an ihnen vorbei schauen, ihnen lediglich aus den Augenwinkeln einen Streifblick gönnen, dann ging es. Er hatte Schlimmeres erwartet. Es fing an zu regnen, ein Tröpfelregen, der ihn bis auf die Haut durchnässen würde, wenn er nicht schnell ins Trockene kam. Aus dem Fenster der Eckkneipe fiel ein trübes Licht auf den Bürgersteig. Auch sie hatte sich rückverwandelt und hieß wieder so wie früher: Cecilieneck. Der Name des Pächters auf dem Türschild sagte ihm nichts, es musste ein neuer sein. Klar doch, der alte Kienbaum war bestimmt schon lange tot. Kien- baum, der ihm immer ein Glas Brause gegeben hatte, wenn er am Sonnabend mit dem Seidel kam, um für Opa Bier zu holen. Jeh mal rüber zu Kienbaum, er soll den Seidel voll machen. Ick komm morgen bezahlen, sagst du. Und pass uff, det du nicht hinfällst, det Ding ist schwer . Und Kienbaum sagte: Na, Georg, wieder für Opa’n wat zu trinken holen? und ließ das Bier in vollem Strahl in den grünen Glaskrug rauschen, dass es prasselte und klang, wie wenn die Brauereipferde auf das Pflaster pissten, hast wieda keen Jeld mit, wa, der olle Jeizkragen, na, denn trink mal‘ne Brause, Erdbeer oder Zitrone, ja, Zitrone is jut, sauer macht lustig. Irgend- wie war das peinlich, aber die Gäste lachten ihn alle freund-

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