Jenes volle satte Gelb

14 war nach dem baldigen Tod des Vaters, und dann mit Friederike Hand in Hand. Es wäre zu schmerzlich gewesen, die Erinnerun- gen aufleben zu lassen, und er hatte sie tief in sich verschlossen und schließlich vergessen. Als die Nachricht vom Tod der Groß- mutter kam, war er nicht zu ihrem Begräbnis gefahren, und den Bericht der Mutter hatte er abgewehrt. So wie er Friederikes Brief mit der Heiratsanzeige abgewehrt und nicht einmal mit einem konventionellen Glückwunsch beantwortet hatte. Er trieb durch die bekannten Straßen, die nur noch zum Teil die alten Namen trugen. Die politisch belasteten, die er kannte, waren ausgetauscht worden. Immerhin, der große Lenné durfte weiter als Namensgeber dienen, der war unverdächtig. Ihn hatte ja nicht einmal der ehemals neue, jetzt bald auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfene Staat angetastet. Oder hatte der den preußischen Hofgärtner überhaupt erst an die Stelle irgendeines Hohenzollernprinzen oder eines Nazischergen gesetzt, um da- mit Kulturbeflissenheit zu demonstrieren? Das war wenig wahr- scheinlich, hatte doch die Großmutter nie einen anderen Namen aus ihrer Kindheit verwendet, wie sie es sonst als milden Protest bei allen anderen tat. Clara Zetkin, wenn ick det schon höre. Eitel-Friedrich-Straße heeßt det. Und komm mir nicht mit die olle Luxemburg. Tot schlagen brauch- ten se sie ja nich jleich, det jing zu weit, aber für den Prinzen Heinrich seine Frau hab ick jenäht. Det war‘n feiner Mann. Eenmal kam er zur Anprobe mit und hat mir‘n Taler jeschenkt. Det war‘n Haufen Jeld. Der Heinrichstaler. Er musste immer noch im Nachlass der Mutter liegen, den er nicht angetastet hatte. Irgendwie war er nie dazu gekommen, die alten Sachen aufzuräumen. Er hatte alles in einen Karton geworfen und ihn auf den Boden gebracht, wo er immer noch stand. Und der Taler lag zwischen den Orden und Schießmedaillen des Vaters zusammen mit Briefen und Fotoalben, in die er seit seinem Weggang nie wieder einen Blick geworfen hatte. Die Heinrichstraße hieß jetzt natürlich nicht wieder nach dem Kaiserbruder, aber auch nicht mehr nach der Mitbegrün-

RkJQdWJsaXNoZXIy MzY3MzA=