Jenes volle satte Gelb

11 der, so wie ganz früher, nach der Königin Luise hieß. Keinen dieser Eingänge würde er benutzen. Er wollte allein sein, sich das Wiedersehen nicht durch mundartlich gefärbte Vielstimmig- keit verderben lassen. Auch wenn es schwer fiel, ihm blieb nur noch der Weg durch das Schaftor übrig, an der Meierei und den schon lange nicht mehr benutzten Ställen vorbei zu den Antiken Bädern. Da würde es nicht so viel Trubel wie am Schloss geben. Dessen Besuch konnte er sich für Anfang der Woche aufsparen, er würde noch einen oder zwei Tage länger bleiben, entschied er schnell und ohne darüber nachzudenken. Er musste Silvia Bescheid sagen, sie würde sich Sorgen ma- chen, wenn er morgen Abend nicht zu Hause war. Von den drei Telefonzellen auf der anderen Seite des Luisenplatzes war nur noch eine in Betrieb. Bei den beiden anderen waren die Hörer abgerissen, und die silbrigen Schnüre schaukelten im Wind, der durch die eingeschlagenen Scheiben stob. Vor der einzigen funk- tionierenden Zelle stand eine lange Schlange. Ihn fröstelte, und er verspürte keine Lust zu warten. Am Himmel zogen Regen- wolken auf, und wenn er noch rechtzeitig in den Park kommen wollte, durfte er hier seine Zeit nicht vertrödeln. Silvia würde warten müssen, aber noch glaubte sie ihn ja in Berlin auf der Messe. Er wusste selbst nicht, warum er ihr von seinem plötz- lichen Entschluss, frühzeitig abzureisen und hierher zu fahren, nichts gesagt hatte. Irgendetwas mit diesem Gelb hatte es zu tun, erinnerte er sich, und mit ihrer Reaktion auf seine ungewöhnli- chen Worte, die ihn selbst erstaunten. Er neigte sonst nicht zu pathetischen Gefühlsausbrüchen. Nicht mehr. Wie sollte sie auch verstehen, was es mit dieser Farbe auf sich hatte, er verstand es ja selbst kaum, und die Worte, die er für sein Gefühl gefunden hatte, waren geliehen gewesen. Er ergänzte das Zitat ins Ungefähre: „Heimat ist da, wo wir noch nie waren“. Aber hier hatte er einmal gelebt, vor langer Zeit, und es war sei- ne Heimat gewesen, obwohl er das Wort damals nicht benutzte, ja, es kaum kannte. Zur Heimat wurden die Stadt, ihre Straßen und Plätze und der Park erst, als sie es nicht mehr waren. Warum

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